Heute geht es mir gut und ich bin froh, dass ich mich aus der tiefsten Scheiße quasi alleine rausziehen konnte. Neulich erst, kurz vor meinem Unfall, unterhielt ich mich mit zwei Ex-Arbeitskollegen und einer Freundin über das Thema.
Ich war verblüfft von mir selbst, wie frei und offen ich über das Thema sprechen konnte. Auslöser dafür war die Frage nach meinem Tattoo von der Ex-Freundin eines Kumpels.
“Willst du die Kurzform oder die komplette Geschichte hören?” – “Na, wenn dann die Komplette…”
Ich zögerte nicht lange und fing direkt an, über meine Vergangenheit und die Verbindung zu dem Tattoo zu sprechen. Erzählte die Geschichte der Depressionen, über den Verlust meiner Freundin, meiner Wohnung, meines Jobs – darüber, dass ich einige Zeit in einem “Obdachlosenwohnheim” lebte und wie ich mich nach und nach wieder nach oben kämpfte.
Dem Aufenthalt in der Klinik, der Sehnsucht nach dem Tod… das komplette Programm eben.
Sie hörte einfach zu, unterbrach mich nicht und ließ mich meine Geschichte erzählen. Vollkommen vorurteilsfrei und gerade so, als hätte sie vollstes Verständnis für mich.
Mein inzwischen bester Freund
Ein guter Freund hörte sich das Ganze ebenfalls mit an. Er kannte bis zu dem Moment Bruchteile der Geschichte, aber nicht das Gesamtpaket. In seinen Augen konnte ich erkennen, was er dachte und wie erstaunt er war – ich mein klar, wir kennen uns vier Jahre, aber die Seite hat er bisher nie erlebt.
Es hat lange gedauert, bis ich so frei und offen über meine Probleme sprechen konnte wie heute. Ich hatte einen komplett falschen Eindruck von mir selbst, mich hinter dem Computer versteckt und Texte wie diesen geschrieben:
Depressiv zu sein bedeutet nicht zwangsläufig nur im Bett zu liegen, sich in den Schlaf zu weinen, in Selbstmitleid zu versinken oder an Selbstmord zu denken. Es ist eine Krankheit, die dir alles nimmt: deinen Lebenswillen, Dinge, die dir einst Spaß gemacht haben, öden dich nur noch an.
Kontakt zu anderen Menschen wird immer schwieriger und man kapselt sich ab, verschließt sich und möchte allein sein. Man kann seinen Gefühlen nicht mehr vertrauen, denn selbst wenn es dir in einem Moment gut geht, kannst du im nächsten wieder komplett zerstört am Boden liegen.
Depressionen nehmen dir deine Intelligenz, die Konzentration, deinen Alltag – sogar deine Tränen, weil Weinen irgendwann nicht mehr hilft. Man spürt einen inneren Schmerz, Unruhe, Unausgeglichenheit, Verzweiflung – alles auf einmal. Gefühle, die einen innerlich zerstören und für niemanden nachvollziehbar sind, der sich nicht selbst irgendwann mal in so einer Situation befunden hat.
Man fühlt sich hilflos und ist verzweifelt, sucht nach einem Ausweg… es ist ein Teufelskreis, der dich immer wieder runterzieht. Du weißt, dass du diesen Kreislauf durchbrechen musst, doch es fehlt die Kraft und nach und nach rückt ein Gedanke immer näher: “Suizid”.
Weißt dir nicht mehr zu helfen, möchtest all das beenden – dir den Gnadenstoß geben, weil du dir und anderen nicht mehr zur Last fallen möchtest.
Depressionen nehmen dir deine Freunde, zerstören deine Beziehungen, sie nehmen dir genau die Menschen, die du in solchen Momenten am meisten brauchen könntest, und am Ende stehst du wieder allein da. Allein in einer Welt aus Kummer und Schmerz.
Es ist wie eine Achterbahnfahrt: Du steigst ein, wirst fixiert und kommst nicht mehr raus, bis die Fahrt zu Ende ist. Du möchtest am liebsten schreien, doch hörst deine eigene Stimme nicht mehr.
https://www.meskasblog.de/2015/02/depressionen/
Wieso schreibe und spreche ich darüber?
Man könnte jetzt sagen, dass mich das Karma ziemlich gefickt hat. Ich gehörte in jüngeren Jahren selbst zu den Menschen, die Depressionen nur belächelten. “Ach der/die hat nur keinen Bock, was zu machen…”, “Modekrankheit”, “Depressionen gibt es nicht…” alles Aussagen, die ich mal traf… und dann erwischte es mich selbst.
Gott, ich war so am Boden… richtig am Ende und niemand hat es gemerkt und wenn, dann haben sie nichts dazu gesagt.
Sunnyboy
Sunnyboy… das erste Mal habe ich das bewusst um die Zeit in Alicante gehört, damals beschrieb mich die Mutter einer Freundin so. Als besagte Freundin mir das erzählte konnte ich gar nicht verstehen was damit gemeint war:
“Du wirkst halt so, als hättest du alles im Griff, etc.”
Oh man habe ich damals gelacht, weil tatsächlich das komplette Gegenteil der Fall war. Ich wusste weder wo ich stehe, wo ich hingehöre oder wie es weitergehen soll. Ich trieb nur vor mich hin und hatte meinen Platz in der Welt noch nicht gefunden. Ich steckte so voller Selbstzweifel, das ich öfter ganz bewusst anderen Menschen aus dem Weg gegangen bin.
Klingt komisch, nicht? Aber so ist das eben, wenn man mit sich selbst nicht im Reinen ist.
Wie gesagt, Depressionen sind scheiße…
Selbstzweifel und der andere Scheiß
Selbstzweifel? Na ja eigentlich nicht mehr, aber das kam jetzt nicht über Nacht – es war eine lange, beschwerliche Reise bis dahin. Und gerade die letzten Ereignisse privat oder beruflich haben mir noch mal verdeutlicht, dass niemand für mein Glück verantwortlich ist, außer mir selbst.
“Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied…” – hat meine Schwester vor Jahren mal zu mir gesagt und erst heute habe ich das wirklich verstanden und verinnerlicht.
Wer auch immer das liest
Ich hoffe natürlich, dass es dir gut geht – dass du nicht selbst gerade in Depressionen steckst und die Lebenskraft verloren hast. Aber falls doch, dann bitte glaub mir: ES WIRD WIEDER BESSER! und alles ist gut, es muss jetzt gerade so sein, damit du irgendwann wieder aufstehen und dein Leben in die Hand nehmen kannst… wie ein Phoenix aus der Asche.