Schon vor der letzten Bundestagswahl habe ich mit dem Gedanken gespielt, der AfD beizutreten und mich politisch etwas zu engagieren. Die Gründe dafür sind vielfältig – und gleichzeitig ziemlich unspektakulär.
Mit der Zeit stellt man sich irgendwann die Frage, was man vom Leben eigentlich noch erwartet. Wo soll’s hingehen, wie soll die Zukunft aussehen? Die allgemeine Unzufriedenheit mit der Politik ist dabei nicht zu übersehen. Aber anstatt sich immer nur zu beschweren oder am Küchentisch Parolen zu klopfen, dachte ich: Vielleicht ist es an der Zeit, auch mal selbst aktiv zu werden.
Ich lebe mittlerweile seit über einem Jahr hier in Niedersachsen. Trotzdem fehlt mir vor Ort ein bisschen der Anschluss. Klar, ich habe nette Nachbarn und ein paar Online-Freunde, aber im direkten Umfeld bin ich meist allein.
Ein Fitnessstudio? Kenne ich. Neue Leute lernt man da aber eher selten kennen, zumindest nicht auf einer Ebene, die über ein „Moin“ hinausgeht. Jeder macht sein Ding.
Schützenverein? Sicher ein schönes Hobby, aber auch mit laufenden Kosten verbunden. Und da ich ohnehin schon ein teures Hobby habe – meinen MINI – kommt das aktuell nicht infrage.
Nach längerem Überlegen blieb dann eigentlich nur die Politik.
Ich erinnere mich noch an ein Tinder-Date von früher, lange bevor ich meine Verlobte kennengelernt habe. Wir trafen uns ein paar Mal, sie übernachtete bei mir, gelaufen ist aber nichts – die Anziehung war einfach nicht da. Vielleicht habe ich mich am Morgen auch nicht besonders gut verhalten. Jedenfalls sagte sie irgendwann zu mir:
„Warum gehst du nicht in die Politik? Du kannst gut reden, die Meinung anderer ist dir egal, und eigentlich geht’s dir doch immer nur um deine eigenen Interessen.“
So hart das auch klang – ganz falsch lag sie nicht. Wobei: Mir ist die Meinung anderer nicht komplett egal, aber oft ist sie eben nicht durchdacht. Ich bin aber offen für andere Sichtweisen, solange sie Sinn ergeben.
Also füllte ich irgendwann den Online-Mitgliedsantrag aus und bekam recht schnell eine Rückmeldung – samt Einladung zu einem Kennenlerngespräch. Einer der Ansprechpartner wohnt sogar ganz in der Nähe, nur zwei Kilometer entfernt. Trotzdem vergingen noch ein paar Wochen, bis wir uns persönlich trafen.
Das Gespräch war kurz, aber auf den Punkt. Es ging darum, wo ich politisch stehe, ob ich aus irgendwelchen extremen Ecken komme – das wäre ein K.-o.-Kriterium gewesen. Aber das war nicht der Fall, also stand einem Beitritt nichts im Weg.
Etwa zwei Wochen später kam dann die erste Einladung zu einem “Geselligen Abend mit der AfD”. Ich meldete mich an und machte mich am Abend – also gestern – mit dem E-Scooter auf den Weg. Acht Kilometer einfach.
Ich kam allein an, stand erst etwas unsicher vor der Tür, rauchte noch eine Zigarette und beobachtete, was so passiert. Drinnen sah ich, dass die Gäste Verzehrkarten bekamen. Also ging ich zum Tresen – dort musste man sich offenbar anmelden.
Die Liste war nicht alphabetisch, also suchten wir kurz meinen Namen. Beim Essen war ich nicht angemeldet. In der Einladung war das etwas unklar formuliert – es klang für mich so, als müsste man sich nur dann melden, wenn man nicht am Essen teilnehmen möchte. Also fragte ich den Wirt, ob da noch etwas machbar sei. Er meinte, er schaut später nochmal.
Ich hatte keine großen Erwartungen, holte mir ein Bier und ging wieder raus.
Draußen traf ich auf eine junge Frau, die ebenfalls eine rauchte. Sie nickte mir zu, sagte „Prost“ und hob ihr Glas.
Ich meinte: „Beim Rauchen lernt man Leute kennen.“
Sie entgegnete: „Raucher sind meistens auch geselliger.“
So kamen wir ins Gespräch. Sie fragte, was mich herführt, und ich erzählte ihr, dass ich neu hier bin und einfach Anschluss suche.
„Und dann geht man zur AfD?“, fragte sie mit einem Lachen.
„Warum nicht?“, sagte ich. Es war ein ehrliches Gespräch.
Kurze Zeit später kam einer der Organisatoren raus und meinte, es gehe gleich los. Wir gingen rein und setzten uns an einen freien Tisch.
Während der Begrüßung sah ich mich um. An der Wand hing eine blaue Fahne mit den bekannten Buchstaben. Die Atmosphäre war ruhig, freundlich, gelassen.
Es gab einen kurzen Rückblick auf die Zeit nach der Wahl, danach wurde gegessen und geredet. Die Themen waren breit gefächert – Pflege, Finanzen, Steuern, politischer Wandel, gebrochene Wahlversprechen. Wer jetzt denkt, es sei laut oder aggressiv zugegangen, liegt falsch. Alles wurde sachlich besprochen. Es gab keine Hetze, keine Verschwörungstheorien, kein „man hat gehört“-Gerede. Im Gegenteil: Falsche Aussagen wurden direkt korrigiert.
Der Abend verlief geordnet, entspannt und respektvoll.
Und ja, ich bekam auch noch etwas zu essen. Der Wirt kam zu mir:
„Du wolltest doch noch was essen? Jetzt ist deine Gelegenheit.“
Ich sagte, dass ich gern noch etwas hätte.
„Nimm ruhig ein großes Schnitzel“, meinte er. „Sieht so aus, als könntest du das vertragen.“
War okay für mich.
Das Essen war gut, die Gespräche angenehm – auch wenn manches etwas schleppend war. Aber vielleicht ist das in der Politik einfach so. Insgesamt war es ein gelungener Abend. Und es war schön, mal wieder unter Menschen zu sein.
Ich hatte vorher keine konkrete Vorstellung davon, wie so ein Abend abläuft. Aber ich finde, man sollte Dinge erst selbst erleben, bevor man sich eine Meinung bildet.
Die Veranstaltungen sind übrigens offen für Gäste. Man kann einfach mal reinschnuppern. Ich glaube, genau das ist auch wichtig, um mit dem Bild aufzuräumen, das viele im Kopf haben.
Denn das hier sind keine finsteren Hinterzimmer-Treffen oder radikalen Gruppen, wie es gern dargestellt wird. Es sind einfach Menschen wie du und ich – mit einer politischen Meinung, die sich von anderen unterscheidet. Mehr nicht.
Neil Davis 30. März 2025
Gut geschrieben, Eric.
Dein Bericht gibt einen sehr guten und authentischen Einblick in das, was tatsächlich bei einem AfD-Treff passiert. Oftmals haben Menschen aufgrund von Vorurteilen oder Fehlinformationen ein verzerrtes Bild davon, was dort wirklich besprochen und thematisiert wird.
Mit deinem ehrlichen und anschaulichen Beitrag hast du möglicherweise vielen die Augen geöffnet und zum Nachdenken angeregt