Ja, ich habe sie alle gefragt. Angefangen bei engen Freunden, weiter zu Bekannten bis hin zu fremden Menschen auf der Straße.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigt uns wohl alle früher oder später einmal. Es wurden schon viele Werke darüber geschrieben, und eine wirklich eindeutige Antwort konnte bisher niemand geben.
Grund genug für mich also, einfach mal rumzufragen, und jeder hat auf seine eigene Art und Weise geantwortet. Ich habe Menschen verschiedenen Alters, verschiedener Nationen, Glaubensrichtungen, verschiedenen Geschlechts, aus verschiedenen Städten, in verschiedenen Lebenslagen, von verschiedenen gesellschaftlichen Standpunkten, verschiedener Hautfarbe usw. gefragt. Kurzum, es waren alle dabei: 8-jährige Kinder, 75-jährige Senioren, Singles und Paare.
Zugegeben, der Anfang war manchmal nicht leicht, zumindest bei denen, die mich nicht kennen. Natürlich ist es auch verständlich. Ich meine, da kommt ein völlig Fremder und fragt dich nach dem Sinn des Lebens, quasi eine Frage, mit der man sich wirklich überwiegend oder nur dann befasst, wenn man scheinbar mal wieder an einem Tiefpunkt angelangt ist.
Die Beweggründe für diese ‘Umfrage’ sind recht schnell erklärt: Auch wenn man es mir meist nicht ansieht oder es unter Umständen erst feststellt, nachdem man mich schon länger kennt, so muss ich inzwischen offen gestehen, dass ich Angst vor Menschen habe, was auch dazu führt, dass ich mich komplett verschließe und/oder lange Zeit gar nicht mehr wirklich rauskomme – daher kam mir die Frage einer Freundin wie gelegen. Sie meinte, ob ich denn nicht noch ein paar Weisheiten auf Lager hätte, eben im Bezug auf alles… also mehr oder weniger eine allumfassende Superlösung. Hmmm.
Ich habe also den Browser geöffnet, anschließend meine Website durchforstet und das, was ich in den letzten Jahren und Monaten so geschrieben habe. Leider fand ich keine Antwort, mit der ich ihr Trost spenden hätte können. Ehrlich gesagt weiß ich bisher auch noch nicht, ob dir dies hier irgendwie weiterhilft, doch wir werden sehen. Also, Katrin, das hier ist für dich.
Wie ich schon sagte, versuchte ich irgendeine passende Antwort zu finden, wie ich ihr zumindest zwischenzeitlich in ihrer schweren Situation beistehen kann. Und zeitgleich war es auch nicht ganz uneigennützig, weil ich dadurch Menschen von einer ganz anderen Seite kennenlernen durfte.
Ich möchte jetzt aber auch nicht pseudointelligent wirken oder sagen: ‘Ich habe die Antwort auf die größte Frage der Menschheit gefunden.’ Aber ich kann meinen Standpunkt vertreten und durch die ‘Umfrage’ auch den vieler anderer erläutern. Vielleicht gibt es auch den ein oder anderen, der das hier liest und sich daran erinnert, wie ich auf ihn zugekommen bin und nach dem Sinn des Lebens gefragt habe.
Wie die einzelnen Menschen darauf reagieren, was ich hier schreibe, ist selbstverständlich von jedem selbst abhängig. Aber dazu komme ich später. Bevor ich nun schlussendlich mit meiner ‘Analyse’ beginne, möchte ich noch erwähnen, dass von den weit mehr als 100 Leuten gerade mal 3 nach meiner Meinung zum Sinn des Lebens gefragt haben… und auch das kann man später nochmal auf sich wirken lassen.
Normalerweise denke ich nie darüber nach, was ich schreibe. Ich fange einfach an zu tippen und lese ab und zu im Nachhinein, was ich überhaupt geschrieben habe. Diesmal ist das jedoch anders. Ich habe mir zur Abwechslung mal überlegt, wie ich das Ganze in Form bringe und dann auch so abschließe, dass es für jeden verständlich ist, worauf ich eigentlich hinauswollte.
Wie bereits erwähnt, erkundigte ich mich bei anderen Menschen, was sie zum Thema ‘Sinn des Lebens’ sagen. Daher möchte ich auch damit anfangen, quasi in einer Form von Top Ten oder Best Of, wobei beide Ausdrücke eher unpassend sind, da natürlich jeder Mensch bei diesem schwierigen Thema eine andere Rangliste oder Denkweise hat. Allerdings war es eben auch so, dass sich sehr viele Antworten überschnitten haben.
Hier ein Auszug einiger Antworten:
- Du hast eine Leinwand, kannst ein schönes oder beschissenes Bild malen, die Stifte musst du dir erarbeiten.
- Der Sinn ist es zu leben, nur wie hat einem keiner gesagt.
- Nun, da möchte ich meinen Lieblingsfilm zitieren: ‘Das Leben ist eine Pralinenschachtel, man weiß nie, was man kriegt’ – Forrest Gump. -Ergänzend dazu möchte ich sagen, dass es verschiedene Arten von Menschen gibt. Die einen fressen alles, die anderen picken sich nur das heraus, was sie mögen, und der Rest wirft die Schachtel weg, ohne zu probieren.
- Leben ist Gott.
- Reichtum, Macht und Gesundheit.
- Der Sinn des Lebens wird sich jedem einzelnen offenbaren, sobald er nicht mehr auf dieser Welt wandert.
- Familie.
- Liebe – und dabei ist es noch so viel mehr.
- Fortpflanzung, Glücklichsein, Liebe.
- Sein Glück mit anderen teilen, denn Glück ist das einzige, was sich verdoppelt, wenn man es mit jemandem teilt.
- Glücklich sein – was auch immer das für jeden einzelnen bedeutet.
- Glaube.
- Fcken und gefckt werden.
- Glück.
- Zufriedenheit.
- Aufstehen, fressen, saufen, arbeiten, schlafen – und wieder von vorn.
- Der Sinn des Lebens ist es, genau diese Frage zu beantworten.
Es gab noch zahlreiche andere Antworten, doch mir geht es nicht um die Antworten der Einzelnen im Speziellen, sondern um das, was die meisten Leute als Sinn des Lebens betrachten. Und ich hoffe, ich konnte dies mit dem kleinen Auszug (oben) einer deutlich längeren Liste deutlich machen.
Jemand, der beispielsweise mit ‘fressen, saufen, arbeiten und wieder von vorn’ geantwortet hat, scheint derzeit nicht ganz zufrieden zu sein mit dem, was in seinem Leben vor sich geht. Was nicht weiter tragisch ist, denn seien wir mal ehrlich, die Antworten werden bei den Menschen sowieso immer variieren, je nachdem, wie ihr Gemütszustand und die Lebensumstände im Momentsind.
Nur wenige werden ihrer Antwort treu bleiben, ganz egal, ob sie am Boden oder hoch auf sind. So zumindest mein Eindruck nach den ganzen Gesprächen. Umso erstaunlicher finde ich es, dass dennoch sehr viele mit ‘Glück’ oder ‘glücklich sein’ geantwortet haben.
Glück… hm. Was ist Glück? Ohne jetzt die Definition googeln zu wollen, würde ich behaupten, dass Glück einfach besonders gute Umstände beschreibt, oder? Glück ist wieder so etwas wie Liebe, eben ein Wort, woran man glauben muss, um etwas zu beschreiben, wofür es sonst keine passenden Wörter gibt. Und das, obwohl wir gerade in der deutschen Sprache mehr als genug Wörter haben, um etwas zu definieren.
Vor rund zwei Wochen wollte ich eine Bekannte in einer Klinik besuchen. Auf dem Weg dorthin musste der Bus, in dem ich unterwegs war, halten, weil sich ein einzelner Baum über die Straße gelegt hatte. Kurz nachdem wir zu Fuß aufbrechen wollten, knickten zwei weitere Bäume hinter dem ersten um. Man könnte jetzt sagen, dass ich einfach Glück hatte und es mir somit leicht machen. Oder man denkt darüber nach, warum die Bäume gerade jetzt umgekippt sind und nicht früher oder später. Natürlich lag es daran, dass die Bäume recht dünn waren und es in den Tagen zuvor enorm geschneit hatte. Sie konnten die Last des Schnees nicht mehr tragen und sind letztendlich umgekippt… und wieso gerade jetzt? Hm.
Wie gesagt, man kann es sich leicht machen: ‘Ich hatte Glück.’ Oder man geht noch weiter darauf ein, berechnet die Umstände usw. Aber wer will das schon.
Liebe ist so ziemlich das Gleiche. Ich meine, was ist Liebe? Bauch- und Brustschmerzen. Das Gefühl, wenn man sich zu jemandem hingezogen fühlt, nicht so genau weiß, warum, und daher das Wort ‘Liebe’ benutzt, um es sich leicht zu machen. Glaubt man jedoch an Liebe, bekommt das Wort eine völlig andere Bedeutung.
Glück und Liebe… Sinn des Lebens? Wohl eher nicht.
Gott. Ja, Gott, das beste Beispiel für Glauben. Ich meine, wie viele Menschen sitzen tagtäglich daheim oder wo auch immer, beten zu Gott und glauben daran, dass ihre Gebete erhört werden, dass Krankheit geheilt wird, dass es in Job oder Familie besser geht, dass es endlich regnet nach Wochen der Dürre oder wofür man sonst so betet.
Ich meine, wie viele Kriege wurden aufgrund von ‘Gott’ geführt? Nein, nicht wegen Gott… wegen dem Glauben daran.
Es soll jetzt aber niemand denken, dass ich mich über Glück, Liebe oder Gott lustig machen möchte. Im Gegenteil, es ist gut, an etwas zu glauben und für etwas einzustehen. Und genau das ist das, worauf ich hinaus möchte. Glaube.
Ich habe mich ein paar Wochen in einer offenen Psychiatrie aufgehalten, Antidepressiva bekommen, und dadurch ging es mir dann besser… nein, es ging mir besser, weil ich daran geglaubt habe. Ich habe daran geglaubt, dass mir diese kleinen Tabletten helfen, jeden Tag aufzustehen, mein Leben zu ertragen, mich durch den Tag zu kämpfen.
Mir geht es heute noch genauso wie vor einem Monat, als ich die Medikamente geschluckt habe. Und das, obwohl ich sie heute nicht mehr nehme. Mag sein, dass sie wirklich eine ‘antriebssteigernde Wirkung’ haben, und während ich das schreibe, muss ich grinsen. Aber letztendlich war ich schwer depressiv, weil ich den Glauben an mich verloren habe und mir selbst im Weg stand.
In dieser Klinik durfte ich Menschen allen Alters, jeder Hautfarbe usw. (ähnlich wie bei den Leuten, die ich zum Sinn des Lebens gefragt habe) an einem Tiefpunkt ihres Lebens kennenlernen. Frauen, die sich selbst Schmerzen zufügten, um wieder zu realisieren, dass sie am Leben sind. Männer, die plötzlich ohne einen offensichtlichen Grund in Tränen ausgebrochen sind. Kinder, die sich bereits in jungen Jahren das Leben nehmen wollten, und was weiß ich, was noch alles. Eben Menschen, die den Glauben an sich verloren oder aufgegeben haben, so wie das auch bei mir der Fall war.
‘Stehst dir nur selbst im Weg’, hat eine gute Freundin zu mir gesagt, die ich schon einige Zeit nicht mehr gesprochen hatte, nachdem ich ihr die letzten Wochen meines Lebens geschildert habe. Und ja, so ist es. Ich suche mir immer Ausreden, um Dinge nicht zu machen, bleibe lieber im Bett liegen, statt etwas anzupacken, mache mich selbst fertig, anstatt mich als den wundervollen Menschen zu akzeptieren, der ich bin. Ich habe eben den Glauben an mich verloren und rutsche deswegen immer wieder ab.
Und auch wenn ich derzeit am tiefsten Punkt meines bisherigen Lebens bin, so geht es mir so gut wie schon lange nicht mehr. Man könnte sagen, ‘ich bin glücklich’, und das nur, weil ich daran glaube, dass dieses Jahr alles besser wird. Sollte ich allein nicht weiterkommen, stecken bleiben, mich wieder aufgeben wollen oder in die Richtung tendieren, dass ich den Glauben verliere, so werde ich nach Hilfe schreien. Denn sicher schafft man nicht alles allein, doch es gibt Menschen, die einem beistehen können – irgendwo, für jeden. Und das, obwohl viele sagen, dass man sich nur selbst helfen kann.
Nichts ist wahrhaftig, alles ist erlaubt. – ‘Assassin’s Creed’
Glaube – mein persönlicher Sinn des Lebens.