Eine Ära geht zu Ende, könnte man sagen. Vor gut einem Jahr hat sich mein Leben mal wieder komplett verändert und mich an einen Punkt zurückgeworfen, den ich vor 10 Jahren schon einmal durchlebt habe. Es war eine Art Tief, das sich seit meinem 16. Lebensjahr quasi immer wieder im Jahresrhythmus wiederholt hat. Ein kontinuierliches Auf und Ab. Irgendwie sowas.
Ich habe meinen Job verloren, meine Wohnung, meine Freundin und die Lebenslust. Ich hatte kaum noch Kraft und war kurz davor, den Weg des Feiglings einzuschlagen und allem ein Ende zu setzen. Aber heute? Heute sieht es anders aus, auch wenn ich momentan wieder ein kleines Tief habe. Aber ich komme da wieder heraus, weil ich einen Weg gefunden habe, meine Probleme zu bewältigen – und damit meine ich nicht nur das Schreiben, das immer noch ein Teil davon ist, sondern vor allem das Reden, die Kommunikation. Das ist der Schlüssel zur Problembewältigung.
Kommende Woche ziehe ich aus dem Wohnheim für “Menschen in sozialen Notlagen”, wie man so schön sagt, aus. Und selbstverständlich war meine erste Handlung nach der Unterschrift unter dem Mietvertrag ein Klick auf Unitymedia, ehemals KabelBW: Internet! Endlich habe ich wieder vernünftiges Internet und keinen Surfstick mit begrenztem Datenvolumen. Die Daten waren nicht das Problem, aber ich musste mich in vielerlei Hinsicht stark einschränken: Keine Streams, keine wahllosen Spielekäufe und -downloads, kein Internetradio… YouTube nur im Ausnahmefall… Nun, endlich habe ich wieder vernünftiges Internet. Ich werde mir wohl auch einen kleinen Gaming-Server basteln, aber das ist ein anderes Thema.
Was hat sich sonst noch geändert? Ich werde mich weiterhin um meine Zähne kümmern. Nächste Woche werden mir meine Weisheitszähne gezogen, wovor ich mich nun schon fast ein Jahr lang gedrückt habe. Und es geht weiter mit meiner Umschulung… ja, die Umschulung. Ich muss zugeben, es ist schwierig, jeden Tag aufzustehen und von 7:45 Uhr bis 16:45 Uhr vor dem Rechner zu sitzen und langweilige Aufgaben zu erledigen. Aber ich muss da einfach durch. Es ist ja nur noch ein Jahr, und zwischendurch steht auch ein Praktikum an… hoffentlich bei der Marbis GmbH, besser bekannt als “Nitrado”.
Und dann… ja, dann möchte ich mir endlich einen lang gehegten Wunsch erfüllen und in meine Lieblingsstadt Karlsruhe ziehen. Ich muss sagen, dass ich dieses Jahr schon ganz schön herumgekommen bin: Leipzig, Wurzen, Chemnitz, Mannheim, Fulda, Frankfurt, Dortmund, Bayreuth, Nürnberg, Stuttgart, Heilbronn, Bad Steben, Bad Irgendwas… bei Fulda, da irgendwo. Es hat spezielle Gründe, aber momentan ist es nicht der Rede wert. Es waren sicher noch mehr Städte, Dörfer und Orte, aber ja… ich beschreibe es immer so, dass ich ständig so einen Druck auf der Brust habe, und bisher ist Karlsruhe die einzige Stadt, in der sich dieser besagte Druck einfach löst. Das ist eine gute Voraussetzung, um das Leben zu beginnen, das ich mir schon so lange wünsche.
Im vergangenen Jahr konnte ich viele Menschen kennenlernen, darunter auch viele, denen es weitaus schlechter geht als mir. Alkoholiker, Drogensüchtige, Obdachlose, Arbeitslose, Kranke, Verwirrte, Gestörte… Menschen am Abgrund. Das hat mir auch klar gemacht, dass es mir gar nicht so schlecht geht, dass meine Probleme im Vergleich zu denen anderer Menschen viel kleiner sind. Aber es spielt keine Rolle, wie groß oder wie klein die Probleme sind, wie schwer die Last auf unseren Schultern liegt. Denn auch wenn es nur eine kleine Last ist, die man mit sich herumträgt, irgendwann tut es einfach weh und man kann sie nicht mehr tragen. Man bricht zusammen, so wie ich im letzten Jahr. Vielleicht war doch einfach alles etwas zu viel.
Und wenn man es genau betrachtet, war es doch immer die verlorene Liebe, die am meisten schmerzte. Dass niemand mehr da war, an dem man sich festhalten konnte. Dass Menschen lieber an sich denken, loslassen, fallen lassen, statt zu kämpfen… Aber ja, wem kann man es verübeln? Letztendlich sterben wir alle allein. Früher oder später muss man einfach Entscheidungen treffen, das tun, was man für richtig hält. Und dann ist es manchmal an der Zeit, Abschied zu nehmen, loszulassen, weiterzugehen. Sicher, es tut weh, es schmerzt, es rührt zu Tränen, es nimmt einem den Boden unter den Füßen weg.
Viel zu oft habe ich mir die Frage gestellt: “Hast du mich wirklich geliebt?” Ganz egal, wie die Person auch heißen mag, wie lange die Beziehung gedauert hat oder was man gemeinsam erlebt hat. Im Zorn war meine erste Antwort immer: “Nein!” Denn wenn, dann und so weiter… Aber gut, es ist wohl ein Kreislauf. Jedenfalls habe ich gelernt, dass man einfach die Zeit, die man miteinander hat, genießen muss. Niemand weiß,was morgen, in einer Woche, einem Monat oder einem Jahr sein wird. Man kann so viel planen, wünschen, hoffen, denken wie man will, aber am Ende kommt doch alles anders.
Wenn ich auf mein bisheriges Leben zurückblicke, wird mir klar, dass ich mich viel zu oft von anderen abhängig gemacht habe, vor allem von meinen Partnerinnen. Ich habe meinen Selbstwert aus meinen Beziehungen gezogen, anstatt einfach zu sagen: “Das bin ich und das kann ich!” Und wenn sie dann nicht mehr da waren, habe ich mich nutzlos und überflüssig gefühlt, ein Stück weit verloren in dieser großen, weiten Welt.
Aber ich bin kein schlechter Mensch, ich bin einer der Guten. Das war ich immer und das werde ich immer sein. Das ist mir heute klar. Zwar verstecke ich mich nach wie vor hinter meinem Sarkasmus und meiner Arschlochmaske, aber wer dahinter schauen kann, möchte mich meist nicht mehr missen.
Sicher gab es in der Vergangenheit viele Rückschläge, Situationen, von denen ich mich entmutigen lassen habe. Aber solche Situationen haben wir doch alle schon durchlebt. Sie haben uns geformt und geprägt, sie haben uns zu dem gemacht, was wir heute sind. Und wenn ich rückblickend betrachte, kann es doch rückwirkend wirklich nicht so schlimm gewesen sein, wenn wir heute in den Spiegel schauen können und sagen: “Das bin ich und das habe ich geleistet.”
Am Ende wird alles gut… und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende…
… denn nichts geschieht ohne Grund.