Das folgende Review ist kurz nach dem Release entstanden.
Kaum ein Spiel hat so viele negative Kommentare gesammelt wie Fallout 76. Preissturz nach einer Woche, Rückerstattung auch nach mehreren Spielstunden. Irgendwie tut sich Fallout schwer, den Weg in die Spielerherzen zu finden.
Kennt ihr diesen kleinen, dicken Bengel aus der Schule, den niemand so richtig leiden konnte, der immer nur am Eck stand. Dieser eine Junge, der kaum Freunde hatte und beim Sport allzeit als Letzter gewählt wurde? Nein, ich rede nicht von mir in meiner Schulzeit, aber bei mir gab es diesen einen Jungen: Dick, Sprachfehler, unsportlich und als wenn das nicht schon reichen würde auch noch Türke.
Er hatte es anfangs schwierig bei uns in der Klasse und konnte sich nur langsam einbringen. Nachdem man sich die Mühe gemacht hat, ihn wirklich ein Mal kennenzulernen – war er voll in Ordnung.
Und genau so ist es mit Fallout 76. Sicher ist es kein Meisterwerk und viele der gut gedachten Ansätze sind bisher schlecht oder bestenfalls annehmbar umgesetzt, aber ich bin optimistisch, dass Fallout 76 noch seinen Weg findet.
Man liest immer nur dieselben dummen und unsachlichen Kommentare, einer labert vor, die anderen gaggern nach:
Oh die antiquierte Engine, die ganzen Disconnects, schlechte Performance, Serverabstürze usw.
Die Engine? Die Engine – ich glaube 90% der Leute, die dies als Argument benutzen, wissen nicht einmal, was eine Engine ist. Was hat die schlechte Performance den mit der Engine zu tun? Gar nichts. Klar ist die Engine in die Jahre gekommen. Damit sollte gewährleistet sein, dass das Spiel auch auf älteren Systemen gut läuft – tut es das? Jein… in großen und ganzen lief und läuft Fallout 76 stabil bei mir. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: In großen Städten und detaillierten Innenräumen kommt es gelegentlich zu FPS-Drops. Jedoch liegt das weder am System noch an der Engine, sondern lediglich an schlecht optimierten Bereichen.
Ich habe Jahre lang selbst Maps erstellt und ich weiß, wie sehr überladene, nicht optimierte Bereiche die Performance in die Knie zwingen können. Bereits zu Zeiten von Half-Life 1 habe ich Maps für Counter-Strike erstellt, für die das Spiel gar nicht gedacht war. Ich habe Tausende Stunden in eine Map gesteckt, die in der ersten Version so laggy war, dass man sie gar nicht wirklich spielen konnte. Erst nachdem ich mehrere Stellen optimiert hatte, lief die Map ohne Probleme. Die Map war in etwa so groß wie Diamont City aus Fallout 4 und es hat ewig gedauert, alle Fehler auszumerzen.
Nun, jetzt bin ich kein Profi, kein AAA-Studio und hab auch kein komplettes Team hinter mir wie Bethesda. Haben sie im Punkto Optimierung versagt? Sicher. Liegt es an der Engine? Nein. Idioten, hört auf, die Engine als Rechtfertigung für alles zu nutzen.
Disconnects – in meinen Rund 80 Spielstunden hatte ich zwei Verbindungsabbrüche… ZWEI. Und sind wir mal ehrlich?! Wie oft habt ihr die Verbindung bei anderen Onlinespielen verloren oder Pingspitzen erhalten ohne ersichtlichen Grund? P.s. der Grund dafür ist, dass eure Mütter Pornos hochladen – aber da behalten wir für uns pssst ;)
Nun, jetzt habe ich die schnellste Verbindung, die man momentan für Geld kaufen kann (als Privatperson). Da ich selbst auch schon mehrere Server für andere Spiele betrieben habe, kann ich getrost sagen, dass Verbindungsabbrüche zu 90% am Client und nicht am Server liegen.
Grafikfehler… jah, auch die hatte ich während der Beta und dieses Problem haben sie gleich behoben: Das Wasser wurde nicht gerendert. Patch und Update der Grafikkartentreiber und tada keine Grafikfehler mehr… jah… Update der Grafikkartentreiber. Vielleicht weiß das der ein oder andere nicht, aber es gibt Abertausende Grafikkarten und in dem Punkt helfen AMD und Nvidia schnell nach, aber man muss eben selbst was tun und seine Treiber updaten, statt nur rum zu meckern.
Das sind immer so die Hauptpunkte, die man liest und alle sind Quatsch und garantiert von denen gepostet, die das Spiel noch nicht selbst gespielt haben.
Eine Freundin von mir sagt immer: Reds dir nur ein. Sprich, wenn man negativ vorbelastet irgendwo rein geht, wird es auch in einem Desaster enden.
Keine NPC’s keine Story: NPCs Non-Player-Characters oder zu deutsch NSC Nicht-Spieler-Charaktere gibt es, wenn auch viel zu selten. Fallout 76 ist darauf ausgelegt, dass man mit anderen Spielern interagiert und das ist der größte Fehler, den Beth machen konnte:
Der Gedanke dahinter ist super: Spieler interagieren mit Spielern, erzählen, sich ihre eigenen Geschichten, handeln, tauschen, erleben etwas zusammen.
Tatsächlich bin ich nur auf drei andere Spieler getroffen, die auch wirklich bock darauf hatten. Ich hab selten so gelacht wie bei diesen Begegnungen. Doch woran liegt es, dass diese Begegnungen so lustig waren? Am Menschen, nicht am Spiel. Wer nicht redet, hat nichts zum Lachen.
Abgesehen von den lustigen Begegnungen, wo beide Seiten mit gespielt haben, ist es in der Regel so, dass man einfach nebeneinander herspielt. Sicher ist das Fehlen eines Push-to-Talk-Buttons ein Störfaktor, aber ich verstehe auch, wieso zunächst darauf verzichtet wurde.
Oft war ich in irgendwelchen Gebieten unterwegs und hörte plötzlich irgendwelches Gelaber, dadurch entstand die Stimmung, als ob da wirklich jemand durchs Ödland zieht und sich mit seiner Gruppe unterhält. Tatsächlich möchten die meisten jedoch nicht, dass man hört, wie sie sich mit ihren Leuten oder Mama unterhalten (“Kevin mach den PC aus” – ihr wisst schon), schalten sich daher stumm und haben keinen Bock bei der seltenen Begegnung mit anderen Spielern ihr Mikro wieder anzuschalten. Gut gedacht, schlecht gemacht… wird aber in einem der nächsten Updates behoben.
Fehlende Story: Fallout 76 hat eine Story, keine supergute, doch sie ist vorhanden, jedoch muss man eben lesen. Da ist niemand, der einem die ganzen Texte vorliest, keine Charaktere, mit denen man wirklich interagieren kann. Die Story ist da und an manchen Stellen regt sie wirklich zum Denken an. Letztendlich ist die Message in jedem Fallout immer gleich: Krieg ist scheiße.
Tatsächlich hatte ich dieses Gefühl der Verbundenheit, während ich ein Holotape angehört hatte, ich saß vor dem Rechner, schüttelte den Kopf und dachte mir nur: Du arme Sau. Doch darüber hinaus gibt es wirklich gute Queststellen, jedoch nicht am Anfang und ich kann verstehen, dass vielen das zu trocken und zu langweilig ist und ja auch in diesem Punkt muss man nachliefern, doch auch da bin ich optimistisch, da es immerhin noch 4 andere Vaults gibt, die bisher nicht begehbar sind. Ups… Spoiler.
Also alle Argumente, die momentan gegen das Spiel gebracht wurden, kann ich zwar nachvollziehen, aber ich denke nicht, dass es die Schwächen des Spiels sind, tatsächlich sind es andere Punkte, die mich stören:
Handel – man kann keine Munition verkaufen – was? Jeder Händler hat irgendwie 200 Kronkorken und wenn die verkauft sind, dann wars das eben bis zum Reset… hä? Die Händler sollten doch dafür da sein, dass Spieler ihren Mist loswerden können, um sich neues Zeug zu kaufen.
Bei Fallout 4 beispielsweise konnte man Tauschen… Schrott gegen Schrott und der Rest wurde mit Kronkorken ausgeglichen. Das geht jetzt nicht mehr und ist meiner Meinung nach nicht Sinn der Sache. Klar wird jetzt wieder gedacht: Jah Spieler handeln mit Spielern… aber wenn man mal einen trifft, dann hat der keinen Bock zu handeln oder sowieso nichts, was man gebrauchen kann.
Ein Lösungsansatz wäre zum einen die Händler wie bei Fallout 76 zu machen, täglicher Reset, aber auch die Möglichkeit richtig zu tauschen. Darüber hinaus sollte es für Camps Handelsposten geben, ähnlich wie bei Fallout 4. Es müssen ja keine Karawanen umher ziehen, das können die Spieler übernehmen, aber die Camps sollten auf der Map markiert werden. Ähnlich wie die Gesuchten typen, damit man weiß: Okay, dort kann man handeln. Dann könnte man sich einen Roboter ins Camp stellen, der seinen Scheiß für einen verkauft oder eben das, was man zuvor in das Handelsposteninventar legt.
So könnten sich Leute auch spezialisieren: In den Bergen ist eine Jägerhütte, die Fleisch verkauft – am Schrottplatz jemand der Müll verkauft. Man könnte Lager zusammenlegen, eine Gruppierung aus Händlern machen und nicht diese Whitesprings-Scheiße, wo es sowieso nur Müll gibt. Ihr versteht, was ich meine.
Lagerplatz… oh ja, der Lagerplatz. In der Präsentation hieß es noch: “Es gibt kein Limit” doch kein Limit bedeutet bei Fallout 76 400… 400 kann mein Char fast schon tragen… Gott.
Ich mein ich verstehe, dass man das überall-zugängliche Stash begrenzt, aber dann könnte man doch die anderen Container und Lagereinheiten, die man in sein Camp setzt, als Lagerplatz nutzen. So würde das Camp wenigstens Sinn machen und wirklich als Hauptquartier genutzt werden. Meinetwegen könnten die anderen Kisten ja raidbar sein, wodurch der Faktor Verteidigung wieder wichtiger wird. Von Seiten Beth’s heißt es wohl, dass es technisch schwierig wäre? Was? Das ist eine einfache Datenbankabfrage… mehr nicht.
So viel Potenzial – einfach verschwendet. Schade, aber vielleicht kommt es noch.
Die Workshops sind nutzlos. Zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt, da dein gebauter Scheiß nicht gespeichert wird und nur so lange bestehen bleibt, wie du auf dem Server bist.
Wenn ich einen Workshop übernehme, der bereits in der Vergangenheit schon in meinem Besitz war, will ich drei Optionen haben: Übernehmen (falls jemand anderes dort schon gebaut hat, kann man die vorhandene Basis übernehmen), Ersetzten, sodass meine Basis wieder exakt gleich dort aufgebaut wird wie zuvor und Neu – erklärt sich von selbst.
Spaßenshalber habe ich eine geile Base in der Munitionsfabrik aufgebaut. Dachte mir dann, dass wenn ich alles als Blueprint speichere, dies auf dem nächsten Server wieder genau so hinsetzen kann. Immerhin gibt es feste Ankerpunkte für die Extraktoren und ja, in der Theorie hat es funktioniert. Ich konnte meine Blaupause wieder einrasten und es war genau wie zu vor, dann wollte ich das Ganze platzieren: Schwebt! – Was? Die ganze Scheiße steht wieder exakt wie zuvor an den gleichen Stellen, was soll denn da schweben?
Und das war der Punkt, wo ich dann gesagt habe: Fick dich, hab keinen Bock mehr. Klar spiel ich immer noch, aber nicht mehr allein. Nach 60 Stunden hatte ich bereits alles durchgequestet und an jedem Event teilgenommen. Von den 40 Stunden Hauptstory und 150 Stunden Nebenquests merke ich leider bisher nichts.
Mein Fazit: Es ist nicht schlecht, aber auch nicht gut. Es gibt schließlich so viel Luft nach oben. Ich hoffe inständig, dass Bethesda da noch nachliefert und das Projekt aufgrund der vielen negativen Kritik nicht als gescheitert abhakt.